Samstag, 14. November 2009

London - Tag 53

Plötzlich war er da. Mir nichts dir nichts kam er angeschlichen und dann war er auf einmal da. Der Herbst. Der Herbst in der Stadt.

Manchmal ist es ein schöner Herbst. Ein milder, mit vielen bunten Blättern und Sonnenstrahlen.

(Fotos durch anklicken vergrößern. Anschließend mit Zurücktaste zum Text zurückkehren.)


Manchmal aber kommt der Sturm. Dann klappern die Fenster und Zähne, und die Bäume rauschen tosend, wenn er geräuschvoll durch die Häuserschluchten fegt; Blätter fliegen und Fußgänger lehnen sich mit zugekniffenen Augen und wehenden Frisuren dem Widerstand des Windes entgegen. Heute ist so ein Herbsttag. Zusätzlich hat der Sturm heute Nacht den Regen mitgebracht. Mal wütend, mal zart hat er gegen meine großen Fenster getrommelt. Eines ist allerdings tatsächlich sehr beachtlich: Langweilig ist das Wetter nie. Nirgendwo wechselt es so schnell wie hier. Heute morgen hat der warme Wind die Wolken weitergeschoben und so bin ich jetzt trockenen Fußes in mein Samstag-morgen-Frühstückscafé gelangt. Aber der Sturm, der tobt draußen noch!

Tja, das Wetter. Bei uns ein Verlegenheitsthema in sinnlosen Konversationen. Hier ein landestypisches Phänomen welches gerne und ausführlich von Jederman besprochen wird. Es ist hier eben immer etwas Besonderes. So wie vor drei Wochen...

Brighton. 8 Damen aus dem Studiengang (eigentlich zu Beginn nur 7, denn die Canadierin Jen kommt generell zu spät und hat den Bus um gute drei Minuten verpasst. Sie kam zwei Stunden später mit dem nächsten Bus nach) haben sich an einem sonnigen Sonntag aufgemacht die Küste zu erkunden. Meinen Freund den Wind haben wir dort getorffen, vor allem aber viel Sonne, viel Lachen, viele Möwen ("Lachmöwen"?) und meine erste Portion Fish & Chips. Unsere zwei Starfotografinnen Steph (USA) und Isabel (Frankreich) haben alles in prächtigem Bildmaterial festgehalten:



Leider habe ich irgendwo meine Stimme verloren. Wer sie findet kann sie gerne an mich schicken: Ella in London!

Ansonsten haben sich die kurzweiligen kulturellen Ausflüge inzwischen auf ein Minimum reduziert. Das lodderige Studentenleben wurde von einem strickten Lernplan infiltriert. Überblick über die letzten 6 Tage: "5 Tage a 9 Stunden in der Bibliothek, lernen, lesen, Kommunikationsplan schreiben. Freitag Klausur." Alles ächzt und stöhnt, ich ächze und stöhne leiser, denn ich freue mich, dass sich mein unsteter Geist mit Gehaltvollem beschäftigen darf. Für mich ist es ein Spaß. Ein Spaß der vielleicht den Namen "Ernst", "Ehrgeiz" oder "Erfolg" trägt, aber dennoch in erster Linie ein ganz großer Spaß ist. (Gerade sind am Fenster des Cafés zwei Blumenpötte vorbeigeflogen und auf der anderen Straßenseite wurde ein Dreikäsehoch von einer Bö überrascht und hat daraufhin eine Pirouette hingelegt, die dem russischen Staatsballett würdig gewesen wäre). Die erste englische Klausur ist geschrieben, die Unkenntnis über das britische Notensystem aufgelöst (was es nicht besser macht!) und das Thema Internationale Marketing Kommunikation in alle möglichen Variablen zerlegt. Herrlich!

Für den einen oder anderen Besuch bleibt aber dennoch Zeit. So kamen Mutter und Patentante gleich in der ersten Woche um Stadt und Menschen (neu) zu erkunden. Später folgten entnervte aber verliebte Masterstudentinnen aus Berliner Zeiten, manche mit Tangovorlieben, andere mit von mir sehr geschätzten Kaffeevorlieben. Letzte Woche dann war Amir hier. Ihm habe ich das alles mehr oder weniger zu verdanken, er hat mich nämlich letztes Jahr auf den Studiengang gebracht. Amir, mein Held. Und ein gewisser filmaffiner Freund hat auch letzte Woche trotz Arbeit die Zeit für ein albernes und sehr wohltuendes Abendessen gefunden.

Wer kommt nächste Woche?

Aber ich rate euch: Überlegt es euch gut, denn vor zwei Wochen ist in London ein böser Geist umhergeschlichen. Muaaaaahhhahaaaaaaaa... Der Geist von HALLOWEEN! In Deutschland ein kläglicher Versuch mit einer amerikanischen Tradition Geld zu machen. Hier ist es gesellschaftlich beinahe verpönt NICHT mitzumachen. Trotz fehlender Stimme (was, wie sich später herausstellen sollte, sehr passend zum Kostüm war) wurden die Feierlichkeiten für die Nacht des 31. Oktober geplant.

Der Hilferuf eines Mitstudenten vier Stunden vor Beginn ("I don't have a costume, will you please help me?!") führte dazu, dass der Stables Market in Camden in einer Hau-ruck-Aktion geplündert wurde. Herauskam ein ganz passabler französischer Cowboy (aber den Franzosen kriegt man partout nicht aus ihm heraus!)


Eine Ladung frischer weißer Farbe im Gesicht und ein rot-schwarzes Tutu später war auch ich für die Nacht gewappnet. Ich präsentiere:

Der Cowboy und die tote Ballerina!



Die Nacht wurde mit Knastschwestern, Schneewittchen, ungläubigen Priestern, schwarzen Witwen, gefallenen Engeln und jeder Menge Teufel und Katzen verbracht.



Ich kann nicht glauben wie schnell die Zeit verfliegt. Ich will sie nicht vorbeiziehen lassen. Ich möchte sagen "Halt an, ich habe dich noch gar nicht genug genossen!" So sehr ich mir auch manchmal einen Tee zuhause auf der Couch wünsche, so tausendmal wird das aufgewogen von dem Gefühl genau zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein. Fast jeden Tag. (Seit einer Weile läuft Dean Martin im Café. Es ist zehn vor vier und draußen wird es langsam dämmrig. Die Autos haben schon Licht an und auf den Tischen wurden gerade die Kerzen angezündet. Neben mir sitzt eine bildschöne, zarte Frau mit kurzen dunklen Haaren in einem Burberry-Trench und liest offensichtlich ein Drehbuch...)

Wem das alles zu rosig und verklärt klingt, dem sei gesagt, dass ich um Himmels Willen nicht alles 24/7 fabelhaft finde. Ich genieße es, weil es eine anstrengende und aufwühlende, manchmal ermüdende, manchmal dreckige aber immer eine (er-)lebbare, sich verändernde und wahnsinnig echte Realität ist. Und weil ich manchmal nicht fassen kann, was für ein Glück ich gerade habe.

Bonne soirée tout le monde (mein Französischkurs zeigt erste Erfolge!)

London-Ella

(P.S.: Noch ein Hinweis in nicht ganz uneigennütziger Sache: Bitte geht euch "Das weiße Band" im Kino anschauen. Und wer sich den Spaß gönnen möchte, möge doch auch den Abspann schauen... :-))

Donnerstag, 22. Oktober 2009

Montag, 19. Oktober 2009

Tag 26 - Studentenfrühstück








Ich gebe zu, es sieht tatsächlich gruselig aus. Ein bisschen wie schlecht gewordene Milch mit Lebertran. Aber es ist mein Frühstück. Mein Studentenfrühstück. Als Student, so sagt man, soll man nämlich täglich besonders viele Vitamine zu sich nehmen.

Ich fange damit gleich morgens an. Zu köstlichem englischen Porridge in Häschenschale gibt es ein großes Glas Kiwi-Ananas-Apfel-Gemüsesaft. Und warum er so grün ist? Weil Brokkoli mit drin ist. Sagt man.



Guten Appetit. Jetzt aber los! Uni wartet.

Ella, die Eilende



Mittwoch, 14. Oktober 2009

Tag 20 - Wo ist meine Schultüte?

In 34 Minuten bricht meine dritte Woche in der britischen Metropole an. Eigentlich nicht zu fassen, wie die Zeit rennt.

Ich bin inzwischen eine Londonerin - oder wie Anna zu sagen pflegt "Ich bin Londonöse". Fragt mich nach dem Weg, ich kenne ihn. Bussystem? Kein Problem. Oystercard? Klar, noch schnell ein Top-up und dann geht die Reise los. Wohin? Ach, Zone 6... Bekanntermaßen nutze ich ja gerne meine freie Stunden um neue Städte zu Fuß zu erkunden. Dazu musste natürlich in der ersten Woche ein neues Paar Schuhe erstanden werden.

Hier auch schon mein erster Kritikpunkt an der sonst so herrlichen Stadt - die Oxfordstreet. Welcher Idiot hat eigentlich entschieden, dass es einzig und allein darum geht auf einer Straße möglichst alle massentauglichen Geschäfte unterzubringen? Es ist der reinste Horror, der einem jeden Spaß am sonst so hochgelobten Shoppingerlebnis vermiest. Die Menschen benehmen sich als gäbe es morgen nicht mal mehr einen Beutel Reis zu kaufen, alles drängelt und quetscht sich und der Ausdruck "mit dem Strom schwimmen" bekommt eine völlig neue und sehr beklemmende Bedeutung.


Kurz vor Kriegsausbruch? Nein, nur Samstag auf der Oxford Street

Zur Freude meines Kontostandes werde ich also nicht allzu viel Zeit dort verbringen.

Wo ich hingegen sehr viel Zeit verbringen werde, ist die Uni. Letzten Dienstag ging der Zirkus nun also richtig los. Vorher waren 61 aufgeregte International-Marketing-Studenten auf Klassenfahrt (hier "Residential") gefahren. Ein Konferenzzentrum mit für Studenten unüblichen Luxuseinzelzimmern in der Nähe von Cambridge war Ort des Schauspiels und neben lustigen Kennlernspielchen wurde uns von grimmig dreinschauenden Marketingexpertinnen eingetrichtert, dass es nun aus ist mit dem leichten Leben. Ja, richtig gehört: Auf uns wartet ein im Grunde nicht schaffbarer Berg von Arbeit und da wir ja nun alle erwachsen sind und von uns eine gewisse Eigenleistung erwartet werden kann, sollten wir am besten gestern mit der Leistungserbringung beginnen. Auf diese Rede hin gönnten wir uns in bester kulturübergreifender Manier ein gemütlich geselliges Gläschen Rotwein auf der Terasse. Kommunikativ sind wir allemal!

So habe ich innerhalb von 3 Tagen über 60 neue Gesichter, Namen, Geschichten und Akzente kennengelernt. 50 Prozent des Kurses besteht aus Franzosen, die zauberhafte Namen wie Aurélie, Virginie, Romain, Benoit und Julie haben. Der französischen Übermacht ("Die Anderen") setzt sich ein Pool internationaler Studenten entgegen. "Wir" bestehen aus über 25 Nationen unter anderem Indonesien, Brasilien, Taiwan, USA, Finnland, Mexiko, Deutschland, Kanada...
Innerhalb von kürzester Zeit wurden die Grenzen eingerissen und aus "Denen" und "Wir" wurde ein wunderbares Kollektiv.

Als dann Dienstag darauf die Vorlesungen begannen, waren wir uns zumindest untereinander nicht mehr fremd. Bis zu dem Zeitpunkt der ersten Vorlesung schien alles minutiös durchorganisert zu sein. Welche ID-Card wird für was gebraucht, wo bekomme ich welches Schreiben, wie finde ich Raum TMG-45, wer ist für meinen Französichkurs zuständig... Alles schien wie am Schnürchen zu laufen.

Oh, welch Trugschluss. Seit Dienstag fühle ich mich wie ein echter Student. Nicht ausschließlich weil ich meine Zeit in Vorlesungssälen, Seminarräumen und einer muffig riechenden Bibliothek verbringe, nein, hauptsächlich weil alles ein einziges Chaos ist. Kopflos laufen Studenten von A nach B um dann zu erfahren, dass A soeben in Q verwandelt wurde und somit alles Vorhergegangene plötzlich nichtig ist. Ich habe bis heute noch keinen Stundenplan und trage mich brav regelmäßig handschriftlich auf den Anwesenheitslisten nach. Der Lieblingssatz der Dozenten "schaut das doch bitte in eurem Online-Stundenplan nach" ist inzwischen zum Running-gag geworden, da keiner von uns im Online-Account einen vollständigen Vorlesungsplan hat. Oh, und Nachfragen ist so ne Sache. "Wird erledigt" und "da können wir auch grad nichts machen" sind die Top-Antworten. Aber es macht Spaß. Das Ganze ist wie ein großer Zirkus und ich bin eine von den tanzenden Mäusen im Tütü! Allez-hopp!


GC1-08 und meine 59 Kommilitonen

Ansonsten ist das Studentenleben genau das, was ich wollte. Ich darf endlich etwas lernen was mich interessiert und die Vorlesungen sind gut gehalten und abgesehen von tatsächlich nicht schaffbaren Leselisten ist alles noch irgendwie unterzubringen. (Fragt mich mal in 2 Wochen)

Noch bleibt sogar Zeit für das eine oder andere gebraute Getränk am Abend oder einen Sonnenausflug am Sonntag. So zum Beispiel am vergangenen Wochenende:

Nach drei Tagen Regen (ja, der eklige Nieselige, der so von der Seite kommt und bis unter die Haut kriecht) schien mir im Hydepark fröhlich die Sonne auf die Mütze:

Eingang zu Green Park



;-)


Ruderer auf der Serpentine im Hyde Park
Im Rosengarten

Und weil ich morgen ganz früh in meiner Marketing-Research Vorlesung sitzen muss, lasse ich es für heute dabei.

Vielleicht komme ich dazu beim nächsten Mal zu erzählen, wer mich schon alles besucht hat...

Bonne nuit
Eine Ella in London





Montag, 28. September 2009

Tag eins (wirklich!) bis drei

Aufstehen - allein im Haus - Sonne kommt grad raus - Kellerküche - Tee - rausgehen, neugierig - Weg zur Uni ablaufen - noch mehr Sonne! - 1 Stunde später: Uni (ich hab doll getrödelt) - Herzklopfen - weiter neugierig - nach Hause, Jacke aus, viiiiel zu warm - schnell wieder raus, Umgebung erlaufen - Nachbarschaft in den Alwyne Villas kennenlernen - über Highbury Park geht die Sonne schließlich unter - nach Hause, essen, schlafen - aufstehen - bummeln - MenschenMASSEN auf der Oxfordstreet - Schuhe gekauft - Seitenstraßen erkunden: zauberhaft - zu Fuß nach Hause - vorbei am British Museum, Russel Square und der British Library - essen, schlafen - AUFSTEHEN, SONNTAG - Sonnenfrühstück im Garten - Pause - zum Markt auf dem Schulhof um die Ecke - zum Piccadilly - Regent Street Festival - Buchladen Waterstone's im 5. Stock mit Ausblick(!) - Central Perk London - essen mit Freunden in Victoria - heim, schlafen...

Und hier sind die Bilder dazu. Viel Spaß

Von London Day 0-3


Entschuldigt bitte die schlechte Auflösung, ich bin noch am Basteln

Bis dahin
Ella

Freitag, 25. September 2009

Previously on Londonland...

Tag EINS

Und schon gelogen! Aber ich zähle heute als den ersten Tag, denn den echten ersten Tag - also gestern - den mag ich nicht zählen. Der war nämlich doof. Nicht der ganze Tag, aber viele Stunden davon. Insbesondere die acht Stunden, die ich auf dem rotzigen Flughafen Düsseldorf festgesessen habe nachdem mein Anschlussflug gestrichen worden war...

Rückblick auf Tag NULL: 4:30 Uhr klingelt der Wecker. Kopf gestoßen. Heiligs Blechle, wer soll denn um die Zeit aufstehen? Gestern abend noch die Koffer fertig gepackt, 5 mal auf die Badezimmerwaage gehievt, wieder umgepackt, sich von dem zweiten Paar Turnschuhe verabschiedet, nochmal auf die Waage. Immer noch zu viel, ach, wer braucht schon zwei Mäntel in London - sofort raus damit, uuuuuh aber der Minischirm muss mit, wieder auf die Waage, Kleinkram ins Handgepäck, endlich passts! Resultat: Ein halbleerer, aber dafür exakt 20,3 Kg schwerer Koffer und ein Laptoprucksack (10 Kg!) in Presswurstoptik, den ich hoffentlich am Flughafen nicht auspacken muss, sonst kommt meine Blümchenunterwäsche neben 4 Folgen Gilmore Girls, meinen Ohropax und einem Minibudda zum Vorschein.

Rein in die Jeans, rein in die Stiefel, rein in den Fahrstuhl, rein ins Auto, los! Mama macht wirklich lustige Kommentare um mich aufzumuntern. Ich schnaufe apathisch und versuche zu lächeln. Das Lächeln liegt jedoch noch im Bett und schläft.

Der erste Flug geht nach Düsseldorf. Bevor wir landen, geht die Sonne auf. Nieseln tut es trotzdem. Ich habe nicht mal eine der zwölf Zeitschriften gelesen, die ich vor Abflug vom Bordpersonal aufgezwungen bekommen habe (anscheinend wird hier großräumig auf Neukundenfang gegangen), weiß also die vorgesehenen 3 Stunden bis zum Anschluss nach London gut zu überbrücken. Am Airport noch ein Duty-Free Schnäppchen gemacht (Ja liebe Lesende, es gibt nämlich dort die GROSSE Dose Honey Drops Body Cream) und so hebt sich langsam auch die Laune. Ich freue mich langsam auf meine Ankunft gegen 11 Uhr in Stansted.

Zum Einstieg um 9:50 Uhr soll es jedoch nie kommen. Denn erstens kommt es IMMER anders und zweitens kommt es immer DANN anders, wenn ich denke, dass ja alles gerade besonders nach Plan läuft. "Sehr geehrte Fluggäste..." Ich traue mich gar nicht richtig hinzuhören. "blablalalala, rhabarber, rhabarber...verschiebt sich der Abflug um ca. 2 Stunden!"

Bedauerlich. Die Begeisterung hält sich in Grenzen. Little did I know...

Als ich besagte 120 Minuten später wieder am Gate aufschlage, sehe ich eine Schlange am Einstiegsschalter stehen. Alle haben ihre Bordkarten in der Hand - gutes Zeichen, denke ich. Falsch, mein Herz. Ganz falsch. Die Leute gehen nämlich nicht an dem Schalter vorbei IN das Flugzeug hinein, sondern bekommen einen kleinen Zettel, samt eines bedröppelten Gesichtsausdrucks, und gehen wieder weg. Nichts da mit "rein in die Jeans, rein ins Auto, rein ins Flugzeug". Nein, nein. Nix mit Flugzeug. Ich frage den vor mir stehenden Anzug was denn hier für ein ominöses Ritual vor sich ginge. "Das sind die Verzehrgutscheine, die es gibt, weil der Flug gecancelt wurde."

Ich blinzel ein paar mal bewusst langsam, ziehe die Augenbrauen unheilvoll in die Höhe und lege die linke Hand in Denkerpose an das Kinn. Der WAS wurde W-A-S?

Ich bekomme meinen Verzehrgutschein. 6 Euro lässt sich AirBerlin den Spaß pro Passagier kosten. Da kommen die günstig bei weg. Für 6 Euro kann man auf dem Düsseldorfer Flughafen einen Kaffee bei italissimo oder caffetaria kaufen. Oder eine kleine Flasche Evian inkl. 25 cent Pfand. Das Restgeld auf dem Gutschein verfällt dann allerdings. Schade um die 20 cent. Ich fühle mich also höchst entschädigt, wie man sich vorstellen kann. Mir wird ein Flug um 15:30 Uhr angeboten.

Wo war die gute Laune noch gleich? In einer abgeschiedenen Lounge fange ich an Bankreihen zu verschieben um wenigstens die Zeit mit ein bisschen Schlaf zu überbrücken. Ich muss ausgesehen habe, wie ein Hobbyangler im Vollrausch. In absolut unbequemer und keinesfalls empfehlenswerter Körperhaltung ziehe ich mir die grüne Barbourjacke über den Kopf, klemme den Schal in den Nacken und wünsche der nicht verstellbaren Armlehne, die mir hemmungslos in den Rücken zwickt die Pest an den Hals.

Lange Rede,... Die Stunden vergehen zäh, Beine schlafen ein, Magen fängt an zu knurren, Ipodakku ist alle, Zeitschriften sind ausgelesen, Evian ist alle. Inzwischen habe ich mich in meiner Stuhlreihenburg vollstens eingerichtet und komme mir vor wie Tom Hanks in "Terminal", der einige Zeit auf einem Flughafen leben muss.

Um 16 Uhr fliegen wir tatsächlich los. Mit irgendeiner Ersatzmaschine von irgendeiner anderen Fluggesellschaft. Die Maschine ist extrem leer. Trotz aller Nachzügler. Na, ich will ja nicht munkeln, aber es kommt schon der Verdacht auf, dass AirBerlin keine zwei halbleeren Maschinen schicken wollte und der Flug aus dem Grund gecancelt wurde. Mir ist zu dem Zeitpunkt schon alles egal. Ich verwerfe alle Gedanken an böse Omen und sitze weiter meine Zeit ab. Erst im Flugzeug, dann im Bus, dann im Taxi.

Um halb sieben Ortszeit erreiche ich mein neues Zuhause. 15 Stunden von Berlin nach London. Ohne Worte.

Als ich in mein kleines Dach- und Denkerstübchen komme, scheint mir die Abendsonne aus den großen Fenstern entgegen. Ich bin erschöpft. Aber glücklich, denn das Licht ist wunderschön und warm und heißt mich willkommen. Oma hat immer gesagt "Die ersten Pflaumen sind madig". Will sagen, wenn der Start rumpelig ist, dann wird alles andere viel schöner als erwartet. Morgen, wenn ich mich von heute erholt habe, dann kann das Abenteuer beginnen. Schritt für Schritt.

Aber über morgen, also heute (:-)), schreibe ich morgen...

Danke an Alle. Ihr wisst schon.

Ella aus London

Sonntag, 16. August 2009

Just married

Hätte doch mal keiner gedacht, dass gerade Elena den großen Hochzeitsjoker zieht, oder?! Ich wollte es ja fast selber nicht glauben, als Kathrin mich eingeladen hat mit in Clärchens Ballsaal zu kommen um ein Brautpaar zu feiern...

Ich bin jetzt generell kein Freund von Hochzeitsfeiern. Nichts gegen Zeremonien und ihre -meister, auch nichts grundsätzlich gegen die Ehe, nur habe ich eben noch keine Hochzeit erlebt, bei der ich wirklich dachte "ach soooo, deswegen heiraten die". Ob gestern in diese Schublade passt, weiß ich nicht genau, aber es war mir auch egal. Es war nämlich so vollkommen entspannt und alle Gäste waren so entspannt, dass ich es mir besser gar nicht hätte vorstellen können.

Bei Hochzeiten, runden Geburtstagen, Jahrestagen, Firmenjubiläen und ähnlichen Kinkerlitzchen wird ja gerne mal der nahe gelegene Landgasthof oder sonst alternativ die Designetage vom Szenehotel bemüht. Das soll dann den Hauch des Besonderen bieten, aber meistens ist es mehr peinlich und aufgesetzt als alles andere. Man hat das Gefühl, dass von der Türklinke der Toilette bis zum Bodenbelag eigentlich gar nichts zu einem selbst passt. Solche Paare scheinen mir meist auch nicht wirklich glücklich mit der Situation, denn man merkt ihnen an, dass sie das ganze Bromborium nur für andere veranstalten und nicht für sich selbst. Sie stehen Spalier und lassen sich Hände schütteln, solange eben die Frisur sitzt. Stehen die Tischkarten schon alle richtig? Viola hatte doch vegetarisch bestellt? Nein, die Bühne für die Hochzeitsspiele ist nicht hinten links, was hat denn der DJ da eigentlich an? Warum ist denn der Weg zur Toilette nicht ausgeschildert?..." Man kommt sich manchmal vor wie in einer dunklen Zukunftsvision von Heimleben. Alles für Doofe und um mich rum nur genervte Menschen.

Solche Hochzeiten mag ich eben nicht so gerne. Sie hinterlassen immer ein wenig das Gefühl, Herr und Frau haben eigentlich keine Ahnung, was sie hier machen, aber im Katalog sah es so hübsch aus. Gut, hinzu kommt oft, dass Herr und Frau eben tatsächlich keine Ahnung haben, was sie da machen, weil sie noch gar nicht über den Tellerrand ihres Lebens geschaut haben.

Warum ich dann gestern plötzlich so mochte? Sicherlich saßen auch die Tischkarten eins-A, das war es nicht. Aber der Boden war dreckig und aus abgetanztem Holz, es war viel zu schummerig, da auf den alten Kronleuchtern echte, dicke Stumpenkerzen brannten, die Farbe blätterte von den Wänden, die riesigen Spiegel zeigten Risse, die Treppe knarzte und an einem Tisch für acht Leute saßen zehn. Die Zuckerpuppe hatte tatsächlich ein weißes Kleid an, dazu blonde Hippielocken, eine weiße Hulablume im Haar und einen ordentlichen Schwipps als sie uns aus dem noch von der Sonne aufgehitzten Mitte entgegen geschlendert kam. Es wurde geherzt und geküsst, alles mit viel Zeit, keiner machte "oh gott, Du siehst ja sooooo toll aus" oder "Na, wie isses denn jetzt so, verheiratet zu sein?!" Es hätte nicht gepasst. Genau wie der Brautstrauß, der anscheinend auch keine lange Lebensdauer gehabt hatte ("Alter, der war so hässlich, da haben wir draußen im Garten einen neuen gepflückt").

Aber das war es alleine nicht, denn entspannt in Berlin feiern, sagt man ja, kommt schon öfter mal vor. Jedoch häufig auch mit dem aufgesetzten "Locker-sein-MÜSSEN", was ich ja noch grässlicher finde, als völlig versteifte Pinguinveranstaltungen. Wenn Gruppen von Menschen sich für den Mittelpunkt der Welt halten, weil alles schäbig und zauselig aussieht, das ist etwas, was ich meiner Generation für Jahre und Jahre nicht verzeihen werde!

War aber ja hier auch nicht der Fall. Im Gegenteil, der Trauzeuge Julian, der die Kunst der wenigen, aber dafür umso charmanteren Worte durchaus zu schätzen wusste, hatte sich für seinen großen Auftritt einen gut sitzenden Anzug geborgt und beste Freundin der Braut, Laura, zog sowohl mit ihrem Kleid, als auch mit ihrer Rede minutenlang alle in ihren Bann. Während Brautpaar und Gäste schenkelklopfend den frühen Anekdoten der Neuvermählten lauschten, fielen mir die Worte ein, für die tatsächlich zwischen Vorspeise und Hauptgang mit Elena auf dem roten Plüschsofa in der Ecke Zeit gewesen waren: "Mut, Du musst einfach Mut haben. Du musst Dich erfinden und allen Menschen sagen, dass Du jetzt DAS bist, und die glauben das! Du kannst Affe werden oder Tangotänzerin, wenn Du willst. Du musst es nur machen. Es ist so einfach und so toll. Ich möchte das immer machen. Ich möchte selbst sagen können, mit wem ich arbeite und lebe und spiele. Und ich arbeite nur noch mit Menschen, die ich mag. Mit Freunden. Dann hab ich immer nur Freunde um mich herum."

Lauras aufgeregt genuschelte Rede enthielt viele Lacher, viel Bildliches, viel Autobiographisches und überraschend viel über Backwaren. Aber zwischendrin kamen die Momente, in denen man dachte, jetzt wird gleich die Filmmusik aus Der mit dem Wolf tanzt oder ähnlich Bewegendes eingespielt, weil sie so schöne, bedeutende Worte enthielten. Sie sprach von den hässlichen Zwillingen der Liebe, die sie alle kennengelernt hat. Der Angst vor dem Alleinsein, dem Zugehörenwollen, dem Soweitsein, der Sicherheit, dem "wissen-was-kommt". Wir kennen sie alle, diese Geschwister. Und sie sind es, die mir hin und wieder auf Landgasthofhochzeiten oder in schicken Hoteletagen begegnet sind.

Warum fand ich es so schön dort gestern?

Weil ich glaube, dass Elena über den Tellerrand geschaut hat. Die weiß, was sie macht. Sie hat sich erfunden und ist das einfach geworden. Metamorphose. Und wenn sie David heiratet, dann weiß sie da auch ganz genau was sie macht. Sie verwechselt keine Zwillinge. Sie hat sich ihre Welt angeschaut und das Schönste rausgesucht. Research, Evaluation. Und was das Allerbeste am Abend war, dass sie recht hatte. Sie war nur umgeben von Freunden, von fabelhaften, verrückten, liebevollen, unanstrengenden Freunden. Und das hat man gemerkt.

Prost, Herzchen

Ella

Sonntag, 5. Juli 2009

London - die Erste oder "T minus 4"

Ja, ganz richtig. Ich habe mich in London an der Uni beworben, und ich wurde tatsächlich angenommen. Tja, nur war ich noch nie in London. So eine bin ich.

Das habe ich inzwischen nachgeholt. Trotz Erkältung. Dienstag früh - Schönefeld - Handgepäck - Ryanair - Gangplatz - durchatmen - starten - landen - Stansted - Terravision - Liverpool Street Station - HALLOOOOO LONDON!

Ich bin wie in Trance. Zuviele Eindrücke in zu kurzer Zeit. Ich bin im Hier und Jetzt. Mein hier-und-jetzt-Ich spricht englisch, denkt englisch, fühlt englisch, lacht englisch. Und weil das Jetzt so schnell vergeht und von der nächsten Sekunde abgelöst wird, halte ich alles in Notizen fest...

Ich stehe im Bahnhof Liverpool Street. Lässig reiche ich der Dame am Obstsaftstand eine Pfundnote. Für mich ist es Monopoly-Geld. Egal, Appearance is everything.

Großer, hektischer Bahnhof, viele Menschen. Aber kein einziger Mülleimer. Merkwürdig, diese Engländer. Am Schalter möchte ich ein 3-Tages-Ticket für die Tube kaufen. "That will not do you any good, Love". Ich werde beraten und angelächelt und erhalte kostenlosen Unterricht in Münzerkennung. Alles in dem wunderbar charmanten Akzent. Schwupps, schon bin ich verliebt. In James. Den Ticketverkäufer hinter der Glasscheibe. Ich nicke und lächle debil. Währenddessen vergesse ich was ich eigentlich von James wollte. Reden die Briten wirklich so oder hat bislang nur einfach jeder mit dem ich hier ein Wort gewechselt habe ungeniert mit mir geflirtet?! Ich könnte ewig zuhören. Jetzt reiss Dich aber mal zusammen und konzentrier' Dich auf das Wesentliche. Inhalt, Engel. Inhalt! James erklärt, dass ab heute abend 19 Uhr keine einzige U-Bahn in London mehr rollen wird - für die nächsten 2 Tage. Ah ja, nach bester Ella-Manier habe ich mir den idealen Zeitpunkt ausgesucht um meiner neuen Heimat einen ersten Anstandsbesuch abzustatten. Ganz großes Kino, Fräulein.

Ok, also nur 1-Tageskarte. Ich plane meine Uni zu besuchen. Aber vorher noch schnell Handgepäck nach "Hause". Die Tube ist gar nicht so beängstigend, wie ich sie erwartet habe. Aber dass sie tatsächlich eine Röhre ist, finde ich doch lustig. Leicester Square. Ach ja, man muss das Ticket ja auch beim Ausgang in die Schranke schieben. Vergessen. Bedröppelt halte ich die strömenden Massen auf und krame im Portmonnaie.

An der Oberfläche angekommen, drehe ich mich in alle Richtungen. Meine Augen wissen nicht, was sie zuerst sehen wollen. Am liebsten alles gleichzeitig. Meine Ohren hingegen wundern sich nicht schlecht, dass sie an jeder Ecke gewohntes Gebrabbel hören - die Stadt ist voller Deutscher! Viele Schulklassen. Ich muss schmunzeln. Ich wandere halbwegs ziellos in keine besondere Richtung los. Hellauf begeistert. Was macht es aber so einzigartig? Warum fühlt man sich wie in einer Kulisse? Was ist so anders? Die Enge? Die Architektur? die Hektik? Die Selbstverständlichkeit. Es ist einfach toll. Ich bin platt. Über die Straße - HALT ! Richtig, erst rechts schauen. Zum Glück steht es für Amateure wie mich an jeder Ampel.

Jede Sekunde, jeder Schritt - tausend neue Eindrücke. Ich komme aus dem Schauen und Staunen gar nicht mehr raus, muss mich erinnern zu atmen. Wie sollte die Straße noch heißen? Ich hab doch vor drei Minuten nachgeschaut. Drei Minuten scheinen eine Ewigkeit. Der Kopf dreht sich. Schneller und schneller. Ich biege wieder ab, schaue in jedes Geschäft ohne mein träumerisches Tempo zu verändern. Hoppla, hallo Onkel Zufall. Ich stehe vor meinem Haus. Unten ein Buchladen. Zwei goldene und ein silberner Schlüssel öffnen die schmale Tür. Dahinter, ein enger Flur mit (OBACHT!) altrosa Teppichboden ausgelegt. Am Ende des Flurs eine steile Treppe nach oben. Ich ziehe die Haustür hinter mir zu, lasse London für einen Moment draußen und fühle mich fabelhaft britisch.

Einmal durchgeatmet, ein Schluck Wasser getrunken. Jetzt aber schnell wieder los. Die Zeit drängt. "T minus 4" - 4 Stunden fahren die Bahnen noch. Stephen, mein Landlord, zeigt mir auf dem Weg zur Covent Garden Station kleine Winkel, Abkürzungen, enge, versteckte Allyways und einen "genuine London Pub". Keine Touristenbutze. Och, ick könnt ja schon ein Bier vertragen... Später, später. Tick-tack. Wieder um eine Ecke, durch eine kleine Gasse. So schnell kann doch keiner gucken! Aber die Einheimischen habe alle ein beachtliches Tempo drauf. Hier wird nicht lange gefackelt. Stechschritt.

Wieder U-Bahn. Diesmal noch mehr Menschen. Es ist kurz nach drei. Ich steige Holloway Road aus und alles ist anders. Irgendwie grau. Alltag. Leer. Hier pulsiert das Leben nicht. Hier pulsiert eigentlich gar nichts. Der Himmel hat sich verdunkelt als wollte er eine dramatische Unterstützung liefern. Genau gegenüber vom Bahnhof ist das erste Unigebäude zu sehen. Die Bibliothek. Heidewitzka, ist die hässlich. Aber die Holloway Road hat noch mehr Gebäude. Ich gebe die Hoffnung nicht auf. Es wird nur leider nicht besser. Ich frage mich von Gebäude zu Gebäude. Das Admissionsoffice ist völlig unscheinbar in einer Gasse. Meine Schulbaracke war beeindruckender! Ich gebe meinen Reply Slip ab. Danke. Tschüss. Jetzt bin ich also offiziell angenommen. Von der vorhergegangenen Euphorie ist gerade nicht mehr viel zu spüren. Als ich auf die Straße trete, fängt es an zu nieseln. Klassiker.

Die Enttäuschung ist da. Sie grinst mich mit schiefem Mund unverholen und schadenfroh aus leblosen Augenhöhlen an. Wer an britische Bildungseinrichtungen denkt, der sieht im Geist Cambridge oder Oxford. Uralte, bombastische Bauten mit dicken Mauern, die Geschichten erzählen können. Mauern, in denen seit Jahrzehnten das Wissen genährt und gefördert wird. Eine inspirierende Umgebung in der Höchstleistungen erzielt und Genies entdeckt werden. Klischee? Ja, vielleicht. Aber selbst ein Schatten dieses Klischees hätte mir gereicht. Ich treffe jedoch keine wissbegierigen Studenten. Ich treffe auch keinen verwirrten Professor. Eigentlich treffe ich gar niemanden. Ich gehe wieder. Verabschiede mich in den Untergrund. Die Bahnen fahren noch.

In der Bahn überlege ich, wieviel Zeit mir noch bleibt. T minus 3. Ach, nach der Erfahrung schadet Dir ein bisschen Risiko gar nichts, sage ich mir. Also mache ich noch einen Ausflug. Auf Anraten von Tine steige ich in Camden wieder aus. Mal sehen, was diesmal hinter den Schranken am Ausgang auf mich wartet.

Als ich aussteige, atme ich erleichtert auf. Hier fühle ich mich wieder wohl. Menschen, viele Menschen. Viele lustig angezogene Menschen. Punks, Hippies, viele Menschen ohne Labels. Und ich. Alles wuselt und ist laut. Die Grenzen zwischen wunderbar und sonderbar verlaufen fließend. Nach zehn Minuten Freak-town bin ich wieder völlig ausgeglichen. Ich laufe über Märkte und durch zahllose Schrabbelshops. Mit der Ausgeglichenheit kommt auch ein anderes Gefühl - Hunger. Seit Mamas Hasenbroten im Flugzeug um kurz nach neun habe ich vor lauter Aufregung nichts mehr zu mir genommen.

Während ich mir noch überlege wo und wie ich am effizientesten und möglichst kostengünstig meinen Appetit bezwingen kann, sehe ich vor mir ein Schild schweben. Na gut, nicht wirklich schweben aber es wabert eben so über die Köpfe hinweg. Auf dem Schild wird köstliches Essen angepriesen. An dem Schild ist ein Stock und an dem Stock ist ein Mann. Der läuft vor einem kleinen Laden auf und ab und lockt ahnungslose Touristen wie mich hinein. Ich lasse meinen unermesslichen Hunger als Ausrede gelten und betrete "Inspiral".

Während ich mein fabelhaftes, vegetarisches 3-Minuten-Menü, mit Blick auf den Regent-Canal, Camden Lock Market und Hippie-Starbucks genieße, atme ich endlich aus. Hier bin ich also. Die Aufnahme wird innerlich gestoppt. Akku alle, Speicherplatz voll. Sprachlos, Atemlos (Mund voll). Wie großartig ist denn diese Stadt?!

Na, das kann ja was werden. Ich freu mich. Ich freu mich richtig drauf.

London-Ella

P.S.: Wie es weitergeht als die Tube tatsächlich nicht mehr fährt und ich 25 Stunden durch die Stadt laufe: - Alle Fotos der ersten 48 Stunden meines London-Lebens: im Fotoalbum (anklicken)

Samstag, 13. Juni 2009

Guten Appetit

Salzstreuer aus dem Londoner Museum of contemporary art. Find ich eigentlich ziemlich originell:



Salt? Pepper? Anyone?!
Köstlich

Ella

Dienstag, 12. Mai 2009

Die Stadt lebt

Inzwischen sind ein paar Wochen ins Land gegangen. Obwohl mir Hamburg und mein zuckersüßes Zuhause in Eppendorf durchaus gefehlt haben, habe ich meine Trauertracht nach 7 Tagen des Leidens abgelegt um mich wieder in das Leben in der Großstadt einzufügen (ja, kleiner Scherz am Rande für meine lieben Provinzhanseaten.)

Die ersten Tage waren neben dem leidigen Kistenauspacken von Bewerbungsvorbereitungen für Masterstudiengänge verschiedener Universitäten geprägt. Die sicherlich aufwändigste Bewerbung hat den Weg nach London gefunden. Nachdem alle Unterlagen gesammelt und geordnet waren, fehlte nur noch ein einziges Schriftstück - das Motivationsschreiben. Es fiel mir nicht leicht - zugegeben, denn obwohl ich ziemlich genau zu wissen schien, dass ich genau dieses Studium machen möchte, fehlten mir in diesem Fall die Worte (MIR!). Oder eben die Motivation für das Motivationsschreiben. Ach ja, die feine Kunst der Ironie.

Unter Druck geht dann aber meistens ja doch alles, und als mir die Zeit davonlief, habe ich im halbstündigen Wechsel von Auf-/Aus-/Einräumen und Schreiben tatsächlich beides erfolgreich abgeschlossen. Es hat sich eben doch wieder bewahrheitet: Wenn man sich mal überwunden hat anzufangen, ist der halbe Weg schon gegangen. So glänzte irgendwann Wohnung und Schriftstück.

Nun heißt es Daumen drücken, oder wie Momme sagen würde: ATOMdaumendrücking. Von meiner Seite her ist alles vorbereitet: Englischtest - check, Zeugnisübersetzung - check, Referenzen von Arbeitgebern und Uni - check, Motivationsschreiben - CHECK!
Abwarten und Tee trinken - Gähn. Ich hoffe, es dauert nicht allzu lange. Die Geduld und ich sind nicht gerade gut miteinander.

Aber in der schönen Stadt mit dem blauen Himmel lässt sich die Zeit ja spielerisch vertreiben. Und das habe ich getan. Bummeln, schlürfen, riechen, radeln, dösen, schmökern, prosten, schunkeln, lauschen, ... das Berliner Leben hatte mich nach 3 Wochen also wieder mit Haut und Haar geschluckt. Und um dem Ganzen eine gebürtige Krone aufzusetzen gehts am 12. Juni zum Auftaktkonzert von PETER FOX. Wer kommt mit?

"...Szeneschnösel auf verzweifelter Suche nach der Szene..." Pffff, wer braucht denn schon Szene, wenn er Charlottenburg hat!

Es grüßt
Ella Ellita